Wir gucken uns das erste Fahrzeug an

17. März 2017 / Stephan Post
zuletzt aktualisiert am: 27. Juli 2019

Wir schauen uns ein Fahrzeug an

Die Fahrzeugsuche intensiviert sich. Wir besprechen zahlreiche Angebote aus dem Internet, fordern sog. FIN-Nummern (Fahrzeug-Ident-Nummern) an und versuchen jeweils genau herauszufinden, um welche Art von Fahrzeug es sich bei den Angeboten handelt.

Mal passt der Motor nicht, mal ist ein Automatikgetriebe verbaut, mal ist es zu teuer, mal hat es zu viele Kilometer, mal hat es eine 3t schwere Pritsche, die keiner haben will, mal hat es keinen Turbo, mal ist der Radstand nur 3,20m, mal hat es einen Koffer dabei, der aber zu groß, zu hässlich, zu kaputt ist. Ein Drama...

Viele eMails gehen zwischen uns und Hauke hin und her.

Zahlreiche Feuerwehren z.B. haben riesige Doppelkabinen, die (einfach blöd aussehen und) den zur Verfügung stehenden Raum für unseren Koffer verkleinern. Wir überlegen, ob man diese nicht einfach kürzen kann und verwerfen das aber wieder, weil es so knapp 5.000€ kosten würde.

Es will irgendwie nichts Vernünftiges auftauchen.

Mercedes 1224 AF RW2

Dann entdecken wir einen Mercedes 1224AF – 12 Tonnen / 240PS / Allrad / Euro 2 / ABS / keine Doppelkabine. Es handelt sich um einen RW2 (einen Rüstwagen der Feuerwehr) der in Wuppertal bei der Fa. Bröcking steht. Er hat erst 17.000km auf dem Tacho und ist sogar noch teil-beladen. Es ist z.B.: ein Lichtmast, Schubladen mit Schwerlastauszügen und ein Generator dabei. Eventuell kann man da sogar noch einiges verklopfen und den Kaufpreis relativieren?

Laut Anzeige soll nur am Aufbau (den wir eh runterreißen werden) etwas Rost sein. Das Fahrerhaus und das Fahrwerk hingegen sollen tadellos in Ordnung sein. Preislich ist der vielleicht nicht unbedingt ein 'Schnapper', aber wenn wir dadurch notwendige Instandsetzungskosten einsparen wäre das in unserem Budget. Zwar am absolut oberen Limit aber 'fast' drin. Vielleicht lässt sich ja noch was handeln 😉

Hauke und ich beschließen, uns den mal genauer anzuschauen. Ich buche also 2 Bahntickets nach Wuppertal, einen Mietwagen und wir machen uns auf die Reise zur Fa. Bröcking.

Auf nach Wuppertal

Um 6:30 treffen wir uns in Geesthacht, fahren nach Nettelnburg und um 7:49 startet unser IC vom Hamburger Hauptbahnhof nach Wuppertal. Die knapp 3 Stunden Fahrzeit verbringen wir damit, dass Hauke mir noch mehr Wissen über LKW Technik vermittelt.

Gegen 11:00 kommen wir pünktlich am Hauptbahnhof in Wuppertal an. Als nächstes brauchen wir die S-Bahn, die uns eine Station weiter zur Bushaltestelle bringen soll. Weil wir uns verquatschen nehmen wir natürlich die falsche Bahn und fahren erstmal eine Station in die falsche Richtung. Also aussteigen und die gegenüberstehende S-Bahn nehmen, die uns nun 2 Stationen weiter in Wuppertal-Steinbeck abliefert. Den Bus, ja sogar den Richtigen, finden wir ohne große Anstrengungen und kommen der Fa. Bröcking schon näher. Von der Bushaltestelle laufen wir dann ca. 700m bis zu Bröcking.

Die haben jede Menge Feuerwehren von allen Herstellern auf dem Hof stehen und auch 'unsere”. Der Mercedes Benz 1224 AF in Tagesleuchtfarbe. Hübsch ist er.

Floh
Floh

Floh
Floh

Ich tue wichtig und gucke in die Radkästen und öffne Feuerwehr-Rolltore ohne zu wissen was ich da sehen soll 😀 Ok, Rost hat er nicht am Fahrerhaus – das sehe selbst ich. Der Motor ist auch nicht verölt und alles sieht relativ sauber aus. Hauke inspiziert da schon gründlicher, liegt unter dem Auto, klettert aufs Dach, kippt das Fahrerhaus, späht alle Radlager an. Ich kann nur rauchen und aha, soso und ok sagen.

Probefahren

Natürlich starten wir auch zu einer gemeinsamen Probefahrt – Hauke fährt die 12 Tonnen – ich darf ja noch nicht. Ich bin die Zeit mit dem Filmen des youTube Schnipsels beschäftigt und schau mich noch weiter in der Fahrerkabine um ,ob ich nicht doch irgendwo noch Rost entdecken kann. Kann ich nicht. Bis auf ein paar Beschädigungen am Bezugsstoff hinter den Sitzen und ein paar Macken im Plastik des Bodens der Hütte kann ich nix entdecken.

Schmunzeln muss ich, als ich den Funkrufnamen auf dem Armaturenbrett lese - "Florian". Da ich ja nun schon eine Zeitlang an den einzelnen Blogartikeln schreibe und unseren kleinen "Floh im Ohr" als Leitfaden durch die bisherige Geschichte genommen habe lese ich natürlich sofort "Floh-rian".

Exkurs: Funkrufnamen der Feuerwehr

Zu diesem Zeitpunkt habe ich ganz ehrlich noch keine Ahnung das "Florian" im Funk-Jargon für "Feuerwehr" steht ! Bevor ich an göttliche Fügung oder Schicksal denke rufe ich einen bekannten Feuerwehrmann an. Bei unserem gemeinsamen Foto-Shooting konnte ich ja schon sehr viel über Feuerwehr und Co. lernen und auch das erste Mal in einem Feuerwehr-Rüstwagen mitfahren. Damals wußte ich noch nicht, dass ich vielleicht auch bald selber einen habe werde. Carsten klärt mich über die Kodierung des Funkrufnamens bei Feuerwehren auf und erst da lerne ich das "Florian" für Feuerwehr steht. Ferner lerne ich das die Zahlen dahinter (z.B.: 90 48 01) folgendes bedeuten:

  • Die ersten beiden Ziffern stehen für den Ort an dem die Feuerwehr beheimatet ist

  • Die zweiten beiden Ziffern stehen für die Art des Fahrzeugs, z.B. Rüstwagen

  • Die dritten beiden Ziffern stehen für die Nummer der Fahrzeuge, dieses Typs, die bei der jeweiligen Feuerwehr im Einsatz sind. Wenn es also 2 Rüstwagen gibt, entweder 1 oder 2.

Auch Hauke ist zufrieden nach der Probefahrt und hat nur 2 Kleinigkeiten gefunden, die aber ohne großen Kostenaufwand zu fixen sein sollten – hoffen wir mal das Beste – und auf Hauke 😉

Durch den Lichtmast und den Generator kommen wir, als wir die Arbeitsstunden ausrechnen, auf einen ca. Kilometerstand von 45.000. Denn wenn der Lichtmast und Generator läuft, dann läuft auch der Motor mit einer Drehzahl von 2.400 U/min. Da solch ein Motor aber auch gerne mal eine Million Kilometer läuft können wir mit den 45.000 anstelle der 17.000 auf dem Tacho auch leben. So weit so gut.

Es geht ums Ganze - Geld

Nun geht es an die Preisverhandlungen und es gelingt mir den Preis noch um 1.500 Euro zu drücken. Damit liegen wir jetzt inklusive der geplanten Überführungskosten zwar an der aller-obersten Grenze, aber immer noch innerhalb unseres geplanten Budgets für das Fahrzeug.

Dadurch das der Rüstwagen noch teilbeladen ist, können wir eventuell sogar durch Verkauf des einen oder anderen Teils an Schrotthändler (sehr viel Edelstahl und Aluminium) oder eBay unseren Einkaufspreis des Fahrzeuges noch ein wenig drücken. Schauen wir mal wie das so laufen wird.

Aber da muss doch noch was sein?

Nichts ist perfekt. Aktuell steht der 1224 noch auf 6 Rädern, d.h., hinten ist er noch doppelt bereift. Aber neue Räder und Felgen bekommt er eh und dann können wir ihn auch gleich auf Einzelbereifung umbauen. Kostet zwar den einen oder anderen Euro zusätzlich, aber alles in allem sieht das sehr gut aus, und ich habe mich innerlich bereits für unseren neuen großen Tagesleucht-farbig-lackierten Freund 'Floh-rian” entschieden. Natürlich unterschreibe ich nichts, ohne vorher mit Susi Rücksprache zu halten.

Heimfahrt - spitz auf knapp

Wir vereinbaren, dass ich mich morgen melden werde, wir dann ggf. alles weitere per eMail abhandeln werden und verabschieden uns nach einem Kaffee von den beiden Herren bei Bröcking, die wirklich ausgesprochen nett, hilfsbereit und kompetent waren und müssen uns nun schnell auf den Weg zum Bus machen, da in knapp 40 Minuten unser Zug geht.

Glücklicherweise bietet man an, uns eben den Berg hoch (die 700m) zur Bushaltestelle zu fahren. Sonst wär das Erreichen unseres Zugs schon zu dem Zeitpunkt Geschichte gewesen. Sehr nett und – Puh, Glück gehabt. An der Bushaltestelle verpassen wir unseren Bus leider um 2 Minuten und der nächste würde in 30 Minuten fahren – dann schaffen wir unseren Zug aber auf gar keinen Fall mehr. Haben wir doch zu lange gequatscht. Verdammt.

Wir entscheiden uns für ein (Wupper-)Taxi welches uns auch 4 Minuten später an der Bushaltestelle aufsammelt. Ich frage den Fahrer, ob wir es bis zum Hauptbahnhof in knapp 20 Minuten schaffen werden? 'Könnte klappen”.

Ich schwitze die nächsten Minuten an jeder roten Ampel Blut und Wasser. Natürlich habe ich für uns beide das 'Sparticket mit Zugbindung” gekauft, und wenn wir den Zug nicht bekommen ist das verfallen und wir können zwei neue kaufen und kommen auch noch später in Hamburg an.

Der Taxifahrer leistet ganze taxi-arbeit, bekommt das Zeitlimit 'ge-wuppt” (klar, wir sind ja auch in Wuppertal) und 3 Minuten bevor der Zug einfährt stehen wir am Gleis und rauchen. Uff.. mal wieder eine ganz knappe Nummer. Punktlandung.

Im Zug teile ich Susi unsere Erkenntnisse und Meinungen mit und bislang – ich schreibe das hier während der Fahrt nach Hamburg – läuft die Fahrt voll nach Plan und ohne weitere Vorkommnisse. Noch knapp 90 Minuten trennen uns vom Hamburger Hauptbahnhof.

Welche Größe hatte unser Floh bei seiner letzten Erwähnung? Über die Größe einer Maine-Coone-Katze ist er seit dem letzten Gewichtsschub (das Finden des Unterschlupfs) ja herausgewachsen.

Heute ist er in etwa so groß wie ein Schaaf!